Großer Borsdorfer
Name
Großer Borsdorfer
Synonyme
–
Herkunft und Verbreitung
Unter den Wiederentdeckungen der letzten Jahre wohl eine der spannendsten. Auf einer uralten Streuobstwiese im Hochsauerland entdeckte Claudia Schluckebier einen Baum mit merkwürdigen Früchten. Der zu Rate gezogene Pomologe Hans-Joachim Bannier verortete die Frucht in die sagenumwobene Gruppe der Borsdorfer. Sollte es sich tatsächlich um den Großen Borsdorfer handeln, wie momentan vermutet wird, wäre es eine der ganz alten noch erhaltenen Apfelsorten. Gegenwärtig sind außerhalb der Gegend um Marsberg keine weiteren Altbäume mehr bekannt.
Reifezeit und Gebrauch
Hier liegen bisher keine Informationen vor.
Eigenschaften der Frucht
Bei der historischen Gruppe der Borsdorfer, oder Borsdorfer-Reinetten, handelte es sich um kleine bis höchstens mittelgroße, abgestumpft rundliche Äpfel von sehr regelmäßiger Form mit feinem, geschmacklich sehr gutem Fleisch. Manche Borsdorfer neigten zur Ausbildung von Warzen auf der Frucht. Der in der Pomona Franconia von 1801 abgebildete Große Borsdorfer weicht mit seiner etwas hochgebaut bis kegelförmig wirkenden Gestalt vom Grundtyp des Borsdorfers ab, zeigt aber ebenfalls einige auffällige Warzen, über die Johann Prokop Mayer augenzwinkernd schrieb, dass sie die Frucht „ebenso wenig verunstalten wie Schönpflästerchen ein artiges Gesicht“ (= kleine schwarze Pflaster, die bei vornehmen Damen des 17. und 18. Jh. schwer in Mode waren, um kleine Unebenheiten oder Flecken im Gesicht zu kaschieren).
Diskussion
Der Name Borsdorfer ist bereits aus mittelalterlichen Schriften bekannt und leitet sich einer Theorie zufolge von dem Namen einer ostdeutschen Ortschaft ab, die mit einem Kloster des Zisterzienserordens, möglicherweise Kloster Pforta bei Naumburg/ Saale, in Verbindung gestanden haben soll. Die Verwirrung über die etymologische Entstehung des Namens ist allerdings bis heute groß, und selbst der recht umfangreiche Wikipedia-Artikel zum Edelborsdorfer schafft es, in zwei unterschiedlichen Abschnitten gleich zwei Ortschaften als möglichen Ursprungsort ins Spiel zu bringen: das thüringische Porstendorf, sowie das sächsische Pohrsdorf in der Gegend um Meißen.
Wie auch immer sich der Name erklären lässt, die damit bezeichneten Äpfel zählen aller Wahrscheinlichkeit nach zu den ältesten heute noch bekannten Sorten. Der Edelborsdorfer, sozusagen der Methusalem unter den Uräpfeln, ist in den letzten Jahren bereits mehrfach für „wiedergefunden“ erklärt worden, ohne dass die Pomologen sich in der Folge darüber einigen konnten, ob bzw. welcher der Kandidaten es denn nun wirklich sei. Begnügen wir uns daher an dieser Stelle mit dem wohligen Gefühl, dass wir es hier mutmaßlich mit einem steinalten Apfel zu tun haben, in den einst vielleicht schon deutsche Bischöfe und Fürsten hineingebissen haben.
Lassen wir zum Abschluss noch einmal Johann Prokop Mayer zu Wort kommen, der einst den schönen Spruch prägte, dass man vom Borsdorfer „durch Güte alles, und durch Gewalt nichts […] erhalte.“ Diesen Rat werden wir im Kölner Sortenarchiv gewiss beherzigen und dem Großen Borsdorfer Geduld und Fürsorge zukommen lassen.
Referenzen
Mayer, Johann Prokop (1801): „Borsdorfer“. In: Pomona Franconia. 112–17.
Wikipedia – Die freie Enzyklopädie (Hrsg.)(2021): „Edelborsdorfer“. Online-Publikation, zukletzt abgerufen am 30.07.2022. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Edelborsdorfer&oldid=218063883