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Kaiser Wilhelm (Peter Broich)

Name
Kaiser Wilhelm

Synonyme
Peter Broich, Petr Broich

Herkunft und Verbreitung
Eine der bekanntesten historischen Apfelsorten in Deutschland. Bis heute auf nahezu allen größeren Streuobstwiesen im gesamten Bundesgebiet zu finden. Herkunft der Sorte ist allerdings das Rheinland, wo sie im 19. Jh. gleich zweimal benannt wurde. Nach neuesten genetischen Untersuchungen sind die zwei englischen Apfelsorten Annie Elizabeth und Peasgood’s Nonsuch die Elternsorten. Dieser Befund ist insofern überraschend, als dass zumindest Annie Elizabeth keine attestierte historische Verbreitung im Rheinland hatte.

Reifezeit und Gebrauch
Tafel- und Wirtschaftsapfel. Pflückreife relativ spät, meist erst im Oktober. Lässt sich zwar einige Zeit lagern, die Frucht verliert aber bald ihre anfängliche Saftigkeit.

Eigenschaften der Frucht
Die markante hochgebaute, rundliche bis leicht fassförmige Frucht mit der dunkelroten Deckfarbe und den zahlreichen hellen Schalenpunkten ist auch heute noch vielen Menschen bekannt. Besondere Merkmale sind neben Form und Färbung vor allem der charakteristische große Rostkleks, der zum Teil weit über die Stielgrube herausstreicht. Auch der große, meist offene Kelch kann bei der Identifizierung bestimmungsrelevant sein. Das Fruchtfleisch ist gelblich-weiß, fest, mit säuerlichem Aroma und genügend Süße, um noch als Tafelapfel durchzugehen (wenn auch nicht jedermanns Geschmack). Vielen Menschen ist der besondere Geschmack der Sorte noch von früher in Erinnerung.

Diskussion
Die Geschichte des bekannten Kaisers beginnt im Rheinland des 19. Jahrhunderts, wo in Ramrath der Vikar Johann Wilhelm Schumacher wirkte. Der umtriebige Kirchenmann war als ausgewiesener Sortenexperte weit über das Rheinland hinaus bekannt und züchtete bis zu seinem Tod 1864 auch eine Reihe eigener Sorten. Eine dieser Sorten erhielt den Namen Peter Broich und fand eine moderate Verbreitung rund um Schumachers Wirkungsgebiet. Wie es der Zufall wollte, begab es sich just in dem Jahr, in dem Vikar Schumacher starb, dass der Witzheldener Lehrer und Pomologe Carl Hesselmann unweit von Ramrath einen Baum der Sorte Peter Broich fand. Die Äpfel schmeckten ihm außerordentlich gut, und da er die Sorte nicht kannte, taufte er sie kurzerhand nach dem deutschen Kaiser. Damit war die Apfelsorte Kaiser Wilhelm geboren und der Marketingtrick funktionierte wunderbar. Bald war die Sorte im ganzen Reich bekannt, doch Hesselmanns Irrtum blieb unentdeckt. Erst vor einigen Jahren fand man im Zuge der rheinischen Obstkartierungen heraus, dass die Sorte Kaiser Wilhelm mit der Regionalsorte Peter Broich identisch ist und von Rechts wegen letzteren Namen tragen sollte. Ein DNA-Test hat den Befund mittlerweile bestätigt.

Ironischerweise züchtete Vikar Schumacher neben anderen Apfelsorten auch eine Reinette, der er den ähnlich klingenden Namen König-Wilhelms-Apfel gab. Diese Sorte gilt heute als verschollen.

Referenzen

LVR-Netzwerk Kulturlandschaft und Biologische Stationen Rheinland (Hrsg.) (2017): „Peter Broich (Kaiser Wilhelm)“. In: „Lokale und regionale Obstsorten im Rheinland – neu entdeckt! 2. Auflage, Köln. 116f.